Diakoniestation Heilbronn e.V.
Im Herzen Gemeindeschwester geblieben
40 Jahre im Beruf, 15 Jahre als Geschäftsführerin der Diakoniestation: Karin Münch verabschiedet sich
Karin Münch (re.) als junge Gemeindeschwester Wechsel: Karin Münch und ihr Nachfolger
in den Siebzigern (Foto: privat) Gerald Bürkert (Foto: Andreas Veigel)
Kranke Menschen versorgen und pflegen. Nicht in der Klinik oder im Heim, sondern zu Hause in ihrer Wohnung. Karin Münch (61) hat ihren Beruf als Dienst am Menschen immer geliebt.
Mit 22 Jahren stand die gebürtige Nordheimerin bereits am Krankenbett. 20 Jahre lang hat die gelernte Wirtschafterin und Krankenschwester das mit großer Hingabe gemacht.
Dann stieg sie auf ("dabei habe ich nur Hauptschulabschluss"), wurde Pflegedienstleiterin und vier Jahre später im Jahr 2001 Geschäftsführerin der Diakoniestation Heilbronn. Fortan bestimmten organisatorische, bürokratische und Führungsaufgaben ihre Arbeitsalltag.
Für 124 Mitarbeiterinnen und sechs Mitarbeiter trägt sie in der Moltkestraße Personalverantwortung. Ihr Team versorgt täglich 500 Kunden.
Bürokratie Wer die Diakonin, Supervisorion und systemische Familientherapeutin kennt, weiß, wie sehr sie sich über Bürokratie, über zeitlich getaktete Abläufe, über Regularien und Vorschriften, über aufwendige Dokumentations- und Abrechnungsmodalitäten geärgert hat. In solchen Momenten wäre sie gerne wieder die einfache Gemeindeschwester am Krankenbett. "Das bin ich im Grund meines Herzens auch immer geblieben."
Die hochproffesionelle und durchorganisierte Pflege, die heute geleistet werden muss, hat zur Folge, dass den Pflegenden oft fehlt, was eine menschliche oder seelsorgerlich geprägte Alten- und Krankenpflege ausmacht: Zeit. Zeit für die Menschen, Zeit für ein GEspräch. Als Angestellte beim Evangelischen Verein für Kranken-, Alten-, Hauspflege und Nachbarschaftshilfe nehmen sie sich die nötige Zeit trotzdem: zur Not als unbezahlte Überstunden.
Gerne erinnert sich Karin Münch zurück an ihre ersten Berufsjahre auf dem Land. "Da gab es keine Arbeitszeiten man arbeitete, bis man fertig war." Statt Dokumentation am PC führte die Gemeindeschwester Karteikärtle mit allen wichtigen Informationen über den Patieten. Die Pflegeversicherung war noch in weiter Ferne. Wer nicht zahlen konnte und Mitglied im Krankenpflegeverein war, bekam die Dienstleistung umsonst. Mit dem behandelnden Hausarzt arbeitet die Schwestern Hand in Hand.
Damals sind die Menschen aber auch früher gestorben. Viele Jahre zu Hause als Pflegefall zu leben, das war selten. Vor 30, 40 Jahren starb man durchaus noch jung an Herzinfakrt, Schlaganfall, Lungenentzündung. Das haben die Mediziner heute im Griff, doch gehen damit oft jahrelange Pflegebbedürftigkeit einher.
Schlimm findet Karin Münch, Mutter zweier erwachsener Kinder, wie einsam und vereinsamt viele alte Menschen heute sind. Vor allem in einer Stadt wie Heilbronn. Der Partner verstorben, die Kinder, wenn überhaupt vorhanden, weit weg.
"Unsere Pflegekräfte und Hauswirtschafterinnen sind oft die einzigen Menschen, die zu ihnen kommen und mit ihnen sprechen." Auf dem Land, so glaubt sie, gäbe es da noch tragfähigere soziale Netze und mehr familiären Zusammenhalt.
Zeit haben Nach 40 Berufsjahren hat sie beschlossen, die Geschäftsführung in jüngere Hände zu geben.
In Gerald Bürkert (34) habe sie einen Nachfolger gefunden, der es ihr leicht macht, aufzuhören. Was sie sich vorgenommen hat für die nächsten Jahre? "Einfach ein ganz normales Leben führen." Freundschaften pflegen, wieder mehr Zeit für die Familie haben, Bücher lesen, malen, im Kirchenchor singen. "Darauf freue ich mich sehr."
Heilbronner Stimme 27.04.2015
Redakteurin: Ulrike Bauer-Dörr
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